Jackson war berühmt für ihre literarischen Schauerromane, die auch mit viel Erfolg verfilmt wurden. Dass sie auch eine ganz andere Seite hatte, beweist sie mit dem vorliegenden Erzählband. Es ist ein großes Vergnügen, ihrem turbulenten Familienleben beizuwohnen. Ihre Kolumnen, die in den 50er Jahren in „Harper’s Bazaar“ und im „New Yorker“ erschienen sind, sind hier zu einem Roman zusammengefasst. Sie sind aktuell wie eh und je und haben nichts von ihrem ursprünglichen Charme verloren.

Wie meistert Frau einen Haushalt mit vier Kindern, einem Ehemann, der sich eher zurücknimmt, und widmet sich nebenbei noch ihrem Beruf, dem Schreiben von literarischen Texten? Jackson macht es vor. Zunächst muss eine größere Wohnung her. Die alte mit bis dato vier Personen, drei Katzen, einem Hund und gefühlt 5000 Büchern platzt aus allen Nähten. Schon die Wohnungssuche gleicht einer Groteske. Sie finden schließlich ein baufälliges Herrenhaus im ländlichen Vermont. Die Miete ist ist verdächtig niedrig und auch sonst passieren dort merkwürdige Dinge.

Was dem folgt, ist der ganz normale tägliche Wahnsinn. Laurie, der älteste Sohn, erfindet einen imaginären Schulkameraden, der angeblich für seine Streiche verantwortlich ist. Jannie ist umringt von einer Reihe von „Kindern“, sprich Puppen, die überall mit hingenommen werden müssen. Und das Nesthäkchen von später vier Kindern plappert ihre ganz eigene Sprache und entwickelt eine kulinarische Vorliebe für Spinnen. Haushaltshilfen tauchen auf und verlassen dann plötzlich das „sinkende Schiff“. Vorher bis ins Detail geplante Einkaufstouren, die dann doch völlig aus dem Ruder laufen, werden in ihrer Absurdität nonchalant und ganz nebenbei geschildert, dass es an Komik schon nicht mehr zu überbieten ist.

Mit hintergründigem Witz und feiner Ironie schildert die Autorin ihr Familienleben. Die Tageszeitung „The Guardian“ fragt sich, ob es Zufall ist, dass einer der großartigsten Texte über Mutterschaft und Familie von einer Autorin von Horrorgeschichten stammt. So ist ihr Werk kein bisschen angestaubt und bereitet nach wie vor ein zeitloses Lesevergnügen. Mit ihrem großen Erzähltalent ist die Autorin eine bereichernde Wiederentdeckung. Eine schrecklich nette Familie, urkomisch und mit Augenzwinkern, aber nie platt oder billig erzählt. Wahnsinnig unterhaltsam!

(Sylvia Jongebloed)


Shirley Jackson: Krawall und Kekse, Arche Literatur Verlag 2022, € 23,00.

Übersetzt von Nicole Seifert

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