Die Japanerin Sayaka Murata entfaltet mit leichter Hand einen Roman über das Anderssein in einer von Normen und Konventionen geprägten modernen Welt. Sie hält der Gesellschaft gnadenlos den Spiegel vor und stellt immer wieder die Frage: Was ist eigentlich normal und ist das vermeintlich Normale nicht auch anormal? Im Laufe der Geschichte entstehen dadurch teilweise absurde Situationen, die manchmal auch ins Komische abgleiten, wobei das Lachen dem Leser oft förmlich im Halse stecken bleibt.

Die Protagonistin, Keiko, aus einem liebevollen Elternhaus stammend, ist schon in der Vorschulzeit verhaltensauffällig. Ihr angeborener Empathiemangel bringt sie ständig in unerfreuliche Situationen, so dass sie sich schließlich völlig verschließt und ihre Kommunikation mit der Außenwelt auf ein Mindestmaß reduziert, um ihrer Familie weiteren Kummer zu ersparen. Während des Studiums bewirbt sie sich in einem sogenannten Konbini, einem 24h-Supermarkt, als Aushilfe. Hier blüht sie richtig auf, da alles strengen Gesetzmäßigkeiten unterliegt. Neben den Arbeitsabläufen sind auch der Umgang mit den Kunden, die Kommunikation und die Mimik streng reglementiert. Dieser Mikrokosmus ermöglicht ihr, sich wie ein „normaler“ Mensch zu fühlen. Das geht soweit, dass sie selbst die Verhaltensweisen, die Art zu sprechen und die Kleidung ihrer Kollegen kopiert, um sich noch mehr dazugehörig zu fühlen. Mittlerweile ist sie Ende Dreißig und arbeitet immer noch als Aushilfe in demselben Kombini und ist glücklich dort. Der Supermarkt mit seinen Menschen, Waren und Geräuschen (das Piepen und Summen der Geräte ist wie Musik für sie) ist ihre Welt. Dann betritt ein junger Mann diese „heile“ Welt und bald ist nichts mehr, wie es vorher war und die Geschichte strebt einem unaufhaltsamen Showdown entgegen.

Sayaka Murata, 1979 geboren und Mitarbeiterin in einem Konbini, erhielt für ihre literarische Arbeit bereits mehrere Auszeichnungen. Für den vorliegenden Roman gewann sie 2016 den renommiertesten japanischen Literaturpreis. „Die Ladenhüterin“ ist in Japan ein Bestseller. Übersetzt wurde das Buch von Ursula Gräfe, die auch Haruki Murakami ins Deutsche übertragen hat.

Das Buch ist 2018 bei Aufbau erschienen (€ 18,00).

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