Bauer mit Hof am Deich sucht Frau. Frau sucht Haus am Meer. Am liebsten ohne Bauer. Unser Buchtipp erzählt von zwei einsamen Menschen und ihrem ungewöhnlichen Weg in eine Partnerschaft.

Gott, gib mir dieses Haus.

Alles beginnt mit Jans Kontaktanzeige. Jan ist ein wortkarger Junggeselle. Er bewirtschaftet in einer abgelegenen Gegend an der niederländischen Nordseeküste seinen Hof und ist vor allem eins: sehr einsam. Wil ist eine konfliktscheue Frau, deren intensivster Austausch wohl mit ihrem Therapeuten stattfindet. Sie beantwortet Jans Kontaktanzeige und schummelt dabei ein bisschen, denn sie will vor allem eins: ein Haus am Meer.

Ob sie dafür nun unbedingt den Mann in Kauf nehmen sollte, der darin wohnt, das ist die große Frage. Doch das Meer, das muss unbedingt sein. Denn es ist für sie Sinnbild eines besseren, glücklicheren und hoffnungsvolleren Lebens. Es ist ein visionärer Fluchtpunkt aus Traurigkeit und Wut. So ein wichtiger Schritt will wohlüberlegt sein, vor allem bei Wil. Sie trifft ihre Entscheidungen nämlich ausschließlich nach sorgfältiger Prüfung durch pragmatische Listen. Um die Parameter eines möglichen Zusammenlebens mit Jan zu analysieren, zieht sie daher testweise bei ihm ein.

Auch Jan ist verwundet. Vor vier Monaten sind seine Eltern während einer Urlaubsreise bei einem Unfall ums Leben gekommen. Seitdem ist er allein auf seinem einsamen Hof. Soziale Kontakte gibt es kaum, denn seine Mutter hatte immer gefordert, er möge ihr doch Gesellschaft leisten, statt sich ein eigenes Leben aufzubauen. Auch nach ihrem Tod kann er sich von diesen Vorgaben nicht lösen und ist wie gelähmt. Konsequenterweise ernährt er sich primär von Tiefkühlkost, die seine Mutter noch vor ihrem Tod gekocht und vorbereitet hatte, um ihn während ihrer urlaubsbedingten Abwesenheit versorgt zu wissen. Es ist tragisch, beklemmend und vor allem brüllend komisch, wie Jan Wil zum Frühstück Mutters Erbsensuppe serviert und damit vollkommen unbeabsichtigt eine kleine Katastrophe in Gang setzt.

Wie ihr Arrangement aussieht und wie sie ihre unterschiedlichen Wünsche miteinander vereinbaren, das beschreibt Mathijs Deen mit wenigen Worten und ruhigen Tönen. Die zwei schrägen Figuren wachsen einem so richtig ans Herz. Ob ihr Gefüge stabil oder brüchig ist und was passiert, wenn die Außenwelt in dieses fragile Zusammenleben im Haus am Meer eindringt, das lesen Sie am besten selbst. Denn bei aller Traurigkeit besticht dieses Buch durch seinen lockeren Erzählton, durch seine feinfühlig gezeichneten Charaktere und einer wunderbar trockenen Komik mit wahnsinnig skurrilen Szenen. Ein ungewöhnlicher Roman, dem ich viele Leser wünsche.

Mathijs Deen: Unter den Menschen. Mareverlag 2019, € 20,00.

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