Es gibt Bücher, die uns prägen und lebenslang begleiten. Dann gibt es jene, die wir lesen und wieder vergessen und letztendlich jene, deren Handlung und Figuren so eindrucksvoll sind, dass sie sich nachhaltig in unser Gedächtnis brennen. Zu dieser letzten Kategorie gehört dieses Buch.

Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, das sang schon Reinhard Mey. Lange vor seiner Zeit macht sich eine junge Amerikanerin auf, genau das zu erkunden. Schon 1927 mit erst 12 Jahren weiß Marian Graves bereits, dass sie Pilotin werden will. Der Traum vom Fliegen treibt in der damaligen Zeit viele Menschen um, Männer wie Frauen. Nur das es sich für Frauen weitaus schwieriger darstellt, diesen Wunsch zu verwirklichen. Marian ist eine von denen, die es wirklich schaffen. Dafür ist ihr auch manchmal jedes Mittel recht. Über die Ehe mit einem vermögenden Mann versucht sie dieses Ziel weiter auszubauen. Die Ehe stellt sich als Fiasko und großer Fehler heraus. Aber Marian, inzwischen gereifter, entwickelt eine ungeheure Kraft, sich aus dieser Verbindung zu befreien und ihren Weg allein zu gehen. Während des Zweiten Weltkrieges verpflichtet sie sich in England zur Kampffliegerin. Nach Ende des Krieges im Jahr 1950 verliert sich ihre Spur beim Versuch einer beispiellosen Nordsüd-Umrundung der Erde, bei dem sie über der Antarktis vom Radar verschwindet und seither als verschollen gilt.

Mehr als 60 Jahre später greift ein Hollywood Verleih dieses Thema auf und will es mit der bekannten Schauspielerin Hadley Baxter besetzen. Diese entdeckt viele Parallelen zwischen sich und Marian. Sie identifiziert sich derart mit ihrer Filmfigur, dass es schon fast zur Obsession wird. Bei ihren Recherchen kommt sie dann am Schluss zu einer völlig unerwarteten Erkenntnis, so dass sich die „Kreise“ endlich schließen können.

Angelehnt an reale Pilotinnen, wie z.B. Amelia Earhart, hat die Autorin mit Marian eine Figur erschaffen, die einfach unvergesslich bleibt. Ihr Leben für die Luftfahrt wurde durch umfangreiche Recherchen mit vielen Fakten untermauert und so authentisch gemacht. Entstanden ist ein facettenreicher Roman, tiefgründig und von außerordentlicher Erzähldichte. Es wird nie langweilig auf über 800 Seiten, die Handlung fliegt nur so dahin. Eine ergreifende Geschichte mit einer charismatischen Hauptfigur, die lange nachhallt. Ganz großes Kino!

(Sylvia Jongebloed)


Maggie Shipstead: Kreiseziehen. dtv 2022, € 28,00.

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