Dieser Debütroman ist etwas ganz Besonderes. Wir lieben ihn, viele unserer Kund*innen lieben ihn, und wir glauben, Sie werden ihn auch lieben!

Die Erzählerin und Hauptfigur der Geschichte ist Tilda. Sie ist Mitte zwanzig, beendet gerade ihr Mathematikstudium und lebt mit ihrer kleinen Schwester Ida und ihrer Mutter in der Kleinstadt, in der sie aufwuchs. Ihre Schulfreunde haben die Stadt längst verlassen und sind zu einem neuen Lebensabschnitt aufgebrochen. Tilda nicht. Sie muss sich um ihre Schwester und die schwer alkoholkranke Mutter kümmern. Deren Krankheit mit allem was dazu gehört, mit Teilnahmslosigkeit, Launen, Gemeinheiten, Gewalttätigkeit, Stimmungstiefs und Aggression bestimmt das gemeinsame Leben. Der gesamte Alltag ist an die Phasen angepasst, in der sich die Mutter gerade befindet. Sie ist schon lange nicht mehr in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern, geschweige denn ihre Kinder zu versorgen. Also jobbt Tilda neben ihrem Studium im Supermarkt an der Kasse, verdient den Lebensunterhalt und zieht Ida groß.

Im Schwimmbad, wo Tilda den ganzen Ballast, der auf ihr lastet, abstreifen kann, trifft sie Viktor, der dort ebenfalls seine Bahnen zieht. Viktor ist der Bruder eines verstorbenen Freundes, und ähnlich isoliert von dem Rest der glücklichen, funktionierenden Familien, ebenfalls ein Außenseiter wie sie selbst. Viktor fasziniert sie und vom Beckenrand aus beobachtet sie ihn. Nach und nach kommen sie sich vorsichtig näher.

Umbrüche stehen bevor. Tilda möchte in einer anderen Stadt promovieren, doch das ist gar nicht so einfach. Soll sie Ida wirklich allein lassen mit der unberechenbaren und ungezügelten Mutter? Dann ist da noch eine belastende Erinnerung an Viktors Bruder Ivan, an den letzten Abend vor dessen Tod. Sollte Viktor davon erfahren?

Tilda ist eine starke Persönlichkeit, eine Kämpferin, die sich einen festen Platz im Herzen erobert. Sie lässt sich nicht unterkriegen. Und auch Ida muss man einfach gern haben. Zusammen mit Viktor bilden sie ein Trio, das einem sehr nahegeht und das man nach der Lektüre nicht vergisst. Das Buch geht voll unter die Haut und ist trotz seiner harten Themen ganz leicht und schön zu lesen. Auf gar keinen Fall ist es deprimierend, sondern eher aufbauend. Bis zum Schluss bleibt es spannend, weil man so mitfiebert mit Tilda. Vom Setting her ist es geeignet für junge erwachsene Leser*innen, aber auch wir etwas Älteren aus der Buchhandlung haben es mit großer Freude gelesen. Perfekt zum Abschalten, zum Wegsuchten und sich wohlfühlen.

(Birgit Lingmann)


Caroline Wahl: 22 Bahnen. DuMont Buchverlag 2023, € 22,00.

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