Ein Dorf mit einer düsteren Vergangenheit und dunklen Geheimnissen in der Gegenwart. Eine dorthin strafversetzte alleinerziehende Pfarrerin mit Altlasten im Gepäck. Ein Pfarrer, der seines Lebens überdrüssig wurde. Dieses Setting hat die Autorin kunstvoll und komplex in einen superspannenden mystisch angehauchten Thriller eingebaut, dessen Schluss Agatha-Christie-reif ist.

Chapel Croft, Sussex: Eine alte Kirche und ein Friedhof mit windschiefen Grabsteinen stehen im Mittelpunkt des idyllischen Dorfes. Jack wird unfreiwillig von Nottingham in die dortige Pfarrei versetzt. Hier hofft sie nach problembeladenen Zeiten auf einen Neuanfang für sich und ihre Teenagertochter Flo. Mit Leib und Seele Pfarrerin, stürzt sie sich in ihre neue Aufgabe. Schnell beschleicht sie die Erkenntnis, dass nicht nur die Idylle trügt, sondern dass es hier buchstäblich einige Leichen im Keller gibt. So ist ihr Vorgänger nicht eines natürlichen Todes gestorben, sondern hat sich angeblich erhängt oder wurde gar nachgeholfen? Vor 30 Jahren verschwanden zwei 15jährige Mädchen spurlos. Was ist passiert: Ein Verbrechen, ein Unfall oder sind sie weggelaufen? Berüchtigt geworden ist dieses heimelige Dorf allerdings schon im ausgehenden Mittelalter, als dort acht protestantische Märtyrer, u.a. zwei Mädchen aus dem Dorf, lebendig verbrannt wurden.

Hängen diese Geschehnisse irgendwie zusammen? Der dörfliche Frieden ist jedenfalls empfindlich gestört. Merkwürdige Dinge passieren, die in ihrer Häufung bald nicht mehr als Zufälle abgetan werden können. Jack stößt auf Ablehnung bei den Dorfbewohnern und bekommt sogar Drohbriefe. Ihre Tochter hat unerklärliche Visionen (oder Träume?) von brennenden Mädchen. Es braut sich ein Sturm über dem Dorf zusammen, von dem keiner weiß, woher er kommt bzw. wohin er geht. Genauso ergeht es dem Leser. Die vielen Handlungsstränge führen teils in die Irre, einige lösen sich auf und andere führen wiederum zu ganz neuen Erkenntnissen.

Jetzt kommt die Kunstfertigkeit der Autorin ins Spiel. Sie verwebt dieses scheinbare Knäuel von Fakten und Ungewissheiten zu einem logischen Ganzen und einem unvorhersehbaren Ende, das den Leser komplett überrumpelt. Hochspannung, etwas Mystik, etwas Horror, eine temporeiche Story mit Gänsehautgarantie sowie ein flüssiger Schreibstil mit kurzen knackigen Kapiteln machen diesen Thriller aus. Gekonnt und einfach genial!

(Sylvia Jongebloed)


C.J. Tudor: Das Gotteshaus. Goldmann 2022, € 15,00.

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