Mit ihrem Debütroman hat die junge belgische Autorin in Frankreich einen sensationellen Überraschungserfolg verbucht und heimste damit sage und schreibe 14 Literaturpreise ein.

Eine biedere Reihenhaussiedlung irgendwo in der Provinz. Die Protagonistin, ein zehnjähriges Mädchen lebt hier mit ihren Eltern und ihrem sechsjährigen Bruder. Das vierte Schlafzimmer des Hauses bewohnen die Kadaver sprich Tiertrophäen. So beginnt das Buch. Der Vater, passionierter Großwildjäger, Schläger und Alkoholiker, beherrscht die gesamte Familie. Hauptleidtragende sind die Mutter und später auch das Mädchen. Wir begleiten die Hauptfiguren über fünf Jahre. In dieser Zeit entwickelt die Protagonistin eine enorme Resilienz. Um diese vor Gewalt strotzende und bedrückende Atmosphäre zu überleben, konzentriert sie sich zum einen auf ihren kleinen Bruder und zum anderen auf ihre Bildung. Sie ist für den Bruder die Mutter, die die wirkliche Mutter nicht sein kann. Heimlich nimmt sie zusätzlich zur Schule Privatunterricht bei einem Professor, den sie durch ihre Einnahmen beim Babysitting finanziert.

Trotz ihrer Liebe und Fürsorge entwickelt der Bruder im Laufe der Jahre wie der Vater einen sadistischen Trieb. Entweder hervorgerufen durch ein besonders traumatisches Erlebnis, oder durch das fehlgeleitete Vorbild des Vaters, das sei dahingestellt. Überhaupt ist die Zeichnung der Figuren schnörkellos, kommt schonungslos auf den Punkt und ist auf der anderen Seite wiederum überraschend sensibel. Das Mädchen ist die wahre Heldin dieses Buches. Bis zum fulminanten Ende des Buches wächst sie dem Leser immer mehr ans Herz und man verabschiedet sich zum Schluss nur ungern von ihr.

Dies ist keine Horrorgeschichte, sondern Realität: So oder so ähnlich passiert es ständig und überall auf der Welt, leider. Gewalt in der Familie, da wird gerne weggeguckt. Das Buch hat schreckliche, subtile und auch blutige Szenen, aber auch sehr sensible und äußerst kluge Momente. Der Spiegel schreibt in seiner Rezension, der Leser verfällt nach dem Ende des Buches in eine Art Schockstarre. Das finde ich überhaupt nicht, das Ende des Buches gleicht zwar dem berühmten Showdown in einem Film, ist aber durch die vorhergegangenen Ereignisse logisch und fast unausweichlich.

Sie wollen ein Buch lesen, das Sie vollkommen gefangen nimmt, bei dem Sie alles um sich herum vergessen? Dann ist dieser Roman genau richtig für Sie. Ein Wahnsinnsbuch.

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