Die Autorin präsentiert uns hier einen Roman, der sich einerseits wie ein literarischer Schmöker und spannend wie ein Krimi liest, andererseits aber auch sehr geschichtsträchtig als Zeitzeugnis dient. Die Rede ist von der Machtergreifung der Nazis und den Vorkriegsjahren. Gerade für das gegenwärtige Deutschland ist die Bewusstmachung dieser Zeit wichtiger denn je geworden.
Hamburg ist 1933 nach der Weltwirtschaftskrise eine arme Stadt. Viele Menschen, besonders Frauen, leben in ärmlichen Verhältnissen und leiden Hunger. So auch Hedda. Sie ist im Hamburger Hafenviertel aufgewachsen und hat sich aus einem Sumpf von Armut und Perspektivlosigkeit nach oben gekämpft. Nun hat sie es endlich geschafft. Sie arbeitet auf dem Kiez. Nach vielen bitteren Jahren hat sie einen Job im Alkazar bekommen, dem angesagtesten Klub der Stadt. Sie arbeitet als Akrobatin und schwebt in schwindelerregenden Höhen über einem Becken mit Krokodilen. An einem Seil lässt sie sich langsam hinuntergleiten und stoppt erst kurz über den Köpfen der Tiere. Das Publikum ist begeistert von dieser Nummer und Hedda avanciert zum Star der Reeperbahn.
Doch das Publikum verändert sich, immer mehr Uniformierte tauchen auf, der allgemeine Ton wird harscher. Die Menschen beobachten sich, bespitzeln und denunzieren einander. Besonders das Hamburger Rotlichtmilieu mit den Schaustellern, halbseidenen Mädchen, den zwielichtigen Bars und deren Besitzern steht im Fokus der neuen Machthaber. Sie wollen hier aufräumen. Gerade Menschen, die sowieso schon am Rande der Gesellschaft stehen, sind ihnen ein Dorn im Auge. Doch Hedda ist eine starke und selbstbestimmte Persönlichkeit. Sie kämpft: für ihren kleinen behinderten Bruder, für ihren Geliebten, der Kommunist ist, für ihren Chef Arthur, dem langsam die Lebensenergie entzogen wird, für ihre Kolleginnen, die ihren Körper verkaufen und denen die Zwangssterilisation droht. Aber nicht zuletzt kämpft sie für sich. Sie ist keine naive Frau, umso mehr erfüllen sie die kommenden Entwicklungen mit Wut und einer scheinbaren Wehrlosigkeit, gegen die sie ständig ankämpft. Hat sie Hoffnung auf eine bessere Zukunft?
Man merkt der Autorin an, dass sie auch Lyrik schreibt. Sie erzählt schnörkellos in kurzen Sätzen und starken emotionsgeladenen Bildern. Die Geschichte ist packend und spannungsgeladen. Man möchte nicht aufhören zu lesen und lebt das Beschriebene sozusagen mit. Ein Buch, dem man sich nicht entziehen kann und das noch lange in Erinnerung bleiben wird! Sehr empfehlenswert!
(Sylvia Jongebloed)
Anja Kampmann: Die Wut ist ein heller Stern. Hanser Verlag, 2025, € 28,00.

