In den letzten Wochen hatten wir Ihnen Buchtipps von zwei ganz fantastischen Kundinnen vorgestellt. Doch nicht nur unsere KundInnen und wir sind passionierte Leseratten, nein, auch die Funk-Männer können von Büchern gar nicht genug bekommen. Das wollen wir ihnen auch geraten haben! Heute empfiehlt der Vater der zwei Ladenhüter (und Lebensgefährte von Birgit Jongebloed) ein Sachbuch über amerikanische Zeitgeschichte. Danke für den tollen Buchtipp!

Rainer Lingmann empfiehlt:

„We Were Eight Years in Power“.

In den USA verschlimmert sich derzeit die so genannte „Opioidkrise“ dramatisch: Die Zahl der Herointoten alleine hat sich von 2010 bis 2015 vervierfacht. Der Staat reagiert, indem er unter anderem die Vorbeugung von Suchtkrankheiten stärkt und die Verfügbarkeit von Medikamenten zur Behandlung von Überdosen erleichtert. Was er hingegen nicht tut, ist die Strafen für den Besitz von Heroin zu erhöhen. Das war in den 70er- bis 90er-Jahren ganz anders. Damals wurden in einer ähnlichen Situation die Strafen für den Missbrauch von Crack drastisch erhöht, die Zahl der US-Gefängnisinsassen vervielfachte sich.

Wer Ta-Nehisi Coates gelesen hat, vermutet sofort, worin dieser Unterschied begründet sein könnte: Die aktuelle Opioidkrise betrifft hauptsächlich Angehörige der weißen Arbeiterklasse, Crack war die Droge der schwarzen Ghettos.

Ta-Nehisi Coates ist Journalist und Schriftsteller und die neue intellektuelle Stimme des schwarzen Amerikas. „We Were Eight Years In Power“ versammelt acht Reportagen von Coates aus den acht Jahren der Präsidentschaft Barack Obamas sowie einen Epilog zum ersten Jahr unter Donald Trump. Es sind Reportagen im besten Sinn: so erzählerisch wie faktenreich, schriftstellerisch auf hohem Niveau. Anekdoten und Lebensgeschichten fügen sich nahtlos in die größere Erzählung von Coates ein, nämlich wie sich der Rassismus in den USA in gesetzlicher und struktureller Benachteiligung schwarzer Menschen niedergeschlagen hat – von der Sklaverei über den De-facto-Ausschluss von Roosevelts Wirtschaftsbelebungsprogramm „New Deal“ und fortgesetzt bis in die heutige Zeit.

So lehrreich und intellektuell Coates ist, so kämpferisch ist er auch. Der Durchbruch gelang ihm mit dem „Plädoyer für Reparationen“, das auch in diesem Band enthalten ist:

„Amerika wurde auf der Vorzugsbehandlung von Weißen aufgebaut – 395 Jahre lang. Sich vage zu einer heimeligen Wohlfühl-Diversität zu bekennen trägt nur wenig dazu bei, diese Tatsache zu überwinden.“

Das kann nach Ansicht von Coates nämlich nur die materielle Entschädigung der Schwarzen dafür, dass ihnen der Aufbau von Vermögen bis heute durch staatliche Maßnahmen erschwert wird, obwohl sie buchstäblich die Grundsteine für den Aufbau der reichsten Nation der Erde legten.

„We Were Eight Years In Power“ ist ein flammendes Plädoyer für einen geänderten Blick auf amerikanische Geschichte und Zeitgeschichte und für die Konsequenzen, die daraus gezogen werden sollten. Dass so ein Plädoyer spannend und flüssig zu lesen ist, gelingt nur den besten Autoren. Ta-Nehisi Coates ist solch ein Autor.

Das Buch ist 2018 bei Hanser Berlin erschienen (€ 25,00).

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