Fesselnd beschreibt die Autorin die Arbeit von Antiterroreinheiten und den Menschen, die dahinterstehen bzw. im Hintergrund schwerwiegende Entscheidungen über das Leben von Verdächtigen fällen müssen. Es geht um Täter und Opfer und um eine Pariser Untersuchungsrichterin, die es sich nicht leicht macht, ihrer anspruchsvollen Rolle gerecht zu werden.

Alma Revel ist Untersuchungsrichterin in Paris und hat sich ganz der Terrorismusbekämpfung verschrieben. Sie leitet ein Team von mehreren Richtern und Staatsanwälten, die die Beweislage prüfen und mit Verdächtigen und Opfern sprechen. Die letzte Entscheidung fällt sie. Bei dieser aufreibenden Tätigkeit ist ihr Privatleben immer mehr auf der Strecke geblieben und ihre Ehe steht kurz vor dem Aus. In dieser Situation hat sie sich auf eine folgenschwere Affäre mit einem Kollegen eingelassen, die sie bald auch beruflich einholen wird. Ein junger Mann wird terroristischer Tätigkeiten verdächtigt und Alma muss nun über seine Festsetzung oder Freilassung urteilen. Dabei stellt sich heraus, dass es sich bei dem Anwalt des Verdächtigen ausgerechnet um ihren heimlichen Geliebten handelt. Nun ist Alma doppelt gefordert, einmal muss sie ein gerechtes Urteil über den Terrorverdächtigen fällen und zum anderen darf sie sich nicht durch ihre persönliche Verstrickung beeinflussen lassen.

Der 21-jährige Syrer Adeljalil Kacem hat nach einem einjährigen Aufenthalt in Frankreich das Land zusammen mit Frau und Kind verlassen, um in seine Heimat zurückzukehren. Nun will er wieder nach Frankreich einreisen. Syrien-Rückkehrer werden automatisch in Haft genommen, um zu prüfen, ob sie für den IS ausgebildet wurden. Auf dem Handy des Verdächtigen befindet sich belastendes Bildmaterial. Jetzt ist das Team um Alma gefordert. Sie müssen herausfinden, ob er als gefährlich oder ungefährlich einzustufen ist. Ihr Urteil ist nicht nur für ihn und seine Familie entscheidend, sondern würde sich bei einem Fehlurteil auch fatal auf viele Bürger*innen des Landes auswirken.

Das Buch liest sich wie ein Krimi. Wir fiebern mit der Protagonistin mit und nehmen an ihrer inneren Zerrissenheit und ihren Zweifeln bei der Entscheidungsfindung teil. Der Autorin und gelernten Juristin ist ein hochaktuelles Buch mit einem brisanten Thema und literarischem Anspruch gelungen. Es endet mit einem Paukenschlag und bleibt noch lange im Gedächtnis haften. Wie würden Sie entscheiden?

(Sylvia Jongebloed)


Karine Tuil: Diese eine Entscheidung. dtv 2022, € 23,00.

Übersetzt von Maja Ueberle-Pfaff.

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