Zwei Schwestern, die sich näher nicht stehen könnten, zusammengeschweißt durch eine problematische Vergangenheit. Was passiert, wenn sie auseinander gerissen werden? Schlimmer noch, was geschieht, wenn die Ältere die Jüngere nicht mehr beschützen kann und Blut an ihren Händen klebt?   

Southampton, England: Es ist Sonntag und DCI Jonah Sheens genießt den milden Septemberabend im Garten eines Pubs bei einem kühlen Bier, neben sich seine kleine Tochter im Kinderwagen. Doch die Idylle wird jäh gestört, als plötzlich ein Teenager mit blutüberströmten Armen auf ihn zustürzt. Sheens ist sofort hoch alarmiert. Es handelt sich um die seit Tagen als vermisst gemeldete sechzehnjährige Keely. Sie und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Nina sind aus einem Kinderheim verschwunden. Doch wo ist Nina und wessen Blut klebt an der unverletzten Keely? Diese ist verschlossen wie eine Auster und will sich dazu erst äußern, nachdem sie ihre komplette Geschichte erzählt hat. Sheens ist ratlos und muss sich mit ihren ab und zu fallengelassenen mageren Hinweisen scheinbar begnügen. Doch im Hintergrund läuft die Polizeimaschinerie auf Hochtouren. 

Immer mehr Puzzlesteine aus der Vergangenheit der beiden Schwestern kommen ans Licht. Nach dem frühen Tod der alleinerziehenden Mutter wurden die Mädchen von einem Heim zum anderen und von einer Pflegefamilie zur nächsten abgeschoben. Während dieser Zeit müssen den beiden grauenhafte Dinge widerfahren sein, wenn man Keelys Aussagen Glauben schenken kann. Dabei stellt sich die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit des Mädchens. Ist sie schwer traumatisiert oder spielt sie ein perfides Spiel mit den Ermittlern und manipuliert sie vielleicht sogar? Warum gibt sie den Aufenthaltsort ihrer Schwester nicht preis? Ein Katz- und Maus-Spiel beginnt.

Versiert baut die Autorin eine Geschichte auf, die zwischen Psychothriller und Detektivroman wechselt. Akribisch beschreibt sie die Arbeit der Polizei und man merkt ihr die profunde Recherche an. Auf der anderen Seite punktet sie mit sozialkritischen Aspekten, was den Umgang mit Heimkindern angeht und der Bewältigung von deren Traumata. Eingebettet in einen spannenden Kriminalroman, entwickelt sie eine abgründige Geschichte, die so sehr überzeugt, dass das Grauen mit Händen zu greifen ist. Lassen Sie sich mitreißen und folgen Sie den Spuren der beiden Schwestern bis zum furiosen Finale!

(Sylvia Jongebloed)


Gytha Lodge: Was ich Euch verschweige. Hoffmann und Campe 2022, € 18,00.  

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