Die in Rom geborene Autorin lebt seit mehr als 20 Jahren in New York und ist Professorin für Politikwissenschaften. In ihren Debütroman hat sie auch Autobiographisches mit einfließen lassen.

Vor 20 Jahren lernt die Italienerin Bruna in Rom den Italoamerikaner Tom kennen, und die beiden verlieben sich. Bruna verlässt ihre Heimat, um Tom in die USA zu folgen. Obwohl seine Eltern von Anfang an gegen die Beziehung sind, heiraten die beiden und bekommen zwei Kinder. Bruna und Tom machen im Laufe der Jahre beide Karriere, sie als Professorin für Globalisierung und er als Mediziner. Das wiederum führt dazu, dass sie sich unmerklich immer mehr auseinanderleben. So weit so gut, ein normaler Familienroman scheint es, aber weit gefehlt.

Bruna fühlt sich zunehmend mit den Kindern alleingelassen. Hinzu kommt, dass ihr Umfeld ihr auch nach den langen Jahren in den USA immer noch suggeriert, eine Fremde zu sein, eine Migrantin in New York. Auch ihre Kinder haben sich unterschiedlich entwickelt. Ihre Tochter ist zu einer starken Persönlichkeit herangereift. Ihr Sohn, der schon als Kind lieber mit Puppen gespielt hat, hinterfragt mit fortschreitendem Alter zunehmend sein Geschlecht. Unterstützung erfährt er hauptsächlich durch seine Schwester. Seine streng konservativen Großeltern äußern offen ihr Missfallen und sein Vater hat eigene Konflikte, die ihn belasten. Bruna, von den vielen Problemen inzwischen total überfordert, beginnt eine Liebesaffäre mit einem ihrer Studenten, einem Afroamerikaner, wird schwanger und wieder verlassen, weil sich der junge Mann dem IS anschließt. Wie geht es jetzt weiter, werden sich die verschiedenen Knoten lösen können?

Vielschichtig, ungewöhnlich und sehr intelligent, das umschreibt diesen Roman am besten. Farinelli ist ein kleines Kunststück gelungen. Mit einer scheinbaren Leichtigkeit widmet sie sich den großen Themen unserer modernen Zeit, und man merkt ihr mit jeder Zeile an, dass sie weiß wovon sie schreibt. So wird aus dem Schicksal einer Italienerin in New York die Geschichte von uns allen: Rassismus,Migration, Culture Clash, Gleichberechtigung, geschlechtsspezifische sowie politische Ausrichtungen, nichts wird ausgelassen. Gekonnt und literarisch ausgefeilt webt die Autorin unaufgeregt und einfühlsam das Leben einer modernen Frau. Ganz große Unterhaltung!   

(Sylvia Jongebloed)


Arianna Farinelli: Aufbrüche. S.Fischer Verlag 2021, € 24,00.

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