Liebe Kund*innen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Nachbar*innen und Geschäftspartner*innen der Buchhandlung Funk,

bei uns stehen Veränderungen an. Die Kurzfassung: Aus gesundheitlichen Gründen gibt Birgit Lingmann ihren Anteil an der Geschäftsführung der Buchhandlung Funk auf. Für Sie alle ändert sich nichts! In der Buchhandlung geht es genauso weiter wie zuvor. Die Veränderung betrifft nur die Führungsspitze. Pia Patt ist ab September 2023 die alleinige Inhaberin der Buchhandlung Funk. Birgit Lingmann wird die Buchhandlung nicht verlassen, sondern ist in einer neuen Rolle mit an Bord. Bei allem Bedauern hinsichtlich des Endes einer großartigen und starken Partnerschaft sind wir glücklich, diese Lösung gefunden zu haben. Wir freuen uns auf die neue Ära, die nun für die Traditionsbuchhandlung Funk beginnt.


Für alle, die es etwas genauer wissen wollen, hier die Langfassung.

Pia Patt:

Wir hätten es uns anders gewünscht und lieber weitergemacht wie bisher. Aber manchmal tauchen Herausforderungen auf, denen man sich stellen muss, wenn man nicht klein beigeben will.

Ich bin seit 22 Jahren in der Buchhandlung Funk. Begonnen habe ich als Auszubildende, ich blieb als Angestellte. Vor 8 Jahren übernahmen wir die Buchhandlung voller Tatendrang. Wir hatten 1001 Pläne, Ideen, Wünsche, wir wollten etwas Fantastisches aus der Buchhandlung machen. Wir wollten einen Wohlfühlort schaffen, an dem man eine gute Zeit hat, einen Ort, wo man nette Menschen trifft, etwas erlebt und nebenbei die Lese-Sucht ausleben kann.  Wenn wir Ihnen so zuhören, ist uns das bisher ganz gut gelungen.

Wir dachten, wir schaffen alles gemeinsam. Mit Ihnen allen haben wir Corona und die Lockdowns überstanden. Was sollte uns also noch passieren? Tja, es gab leider noch eine unschöne Überraschung für uns: Birgit erkrankte chronisch. Ich gebe gern zu, ich hätte es vorgezogen, so weiter zu machen wie bisher. Birgit und ich wollten die Buchhandlung immer zusammen machen, „zusammen“, „wir gemeinsam“, das waren nicht nur Worte, das haben wir 8 Jahre intensiv gelebt und wir waren ein gutes Team. Die Buchhandlung, das waren Wir. Etwas anderes schien undenkbar. Doch das Leben hatte andere Pläne und als wir vor der Frage standen, was machen wir nun, war für mich schnell klar: Die Buchhandlung, das ist ein Ort, der bleiben muss. Ein Ort, der so viele Jahrzehnte schon für so viele verschiedene Menschen existiert, und jede*r von Ihnen verbindet eigene Erinnerungen mit diesem Geschäft. Wir haben Kund*innen, die als Kleinkind in diesem Geschäft ihre ersten Pixi-Bücher und ihre Schulausrüstung ausgesucht haben. Wir haben Kund*innen, die hier Freundschaften geschlossen haben. Einige von Ihnen haben bei uns bewunderte Autor*innen getroffen und Abende verbracht, die Sie nie vergessen werden. Dass diese Buchhandlung weiterleben muss, ist völlig klar, und da Birgit es nicht mehr kann, mache ich es eben allein, und zusammen mit meinem Team, zu dem Birgit auch in Zukunft gehört, und zusammen mit Ihnen wird der Übergang in eine neue Zeit wunderbar gelingen.


Den Hintergrund zu unserer Entscheidung erzählt Ihnen am besten Birgit Lingmann selbst:

Jeder von uns ist in irgendeiner Form von der Pandemie betroffen gewesen, finanziell, psychisch, beruflich und oft auch gesundheitlich. Die Allermeisten, die eine Corona-Infektion hatten, haben diese Erkrankung gut überstanden, ohne weitere Spuren. Ich hatte dieses Glück nicht. Vor zweieinhalb Jahren habe ich mich infiziert und habe seitdem Post Covid. Ärzt*innen können uns Erkrankten bisher nicht gut helfen. Es gibt kaum Therapien, die Forschung kommt nur langsam voran. Einer meiner Ärzte sagte mir, ich dürfe nicht auf die Medizin hoffen oder auf ein Heilmittel aus der Forschung warten, denn der Erfolg sei viel zu unsicher. Ich müsse es selbst in die Hand nehmen. Das schien erstmal schonungslos, aber ich bin froh über diesen Rat, denn er hat recht. Es liegt an uns selbst herauszufinden, was uns gut tut und was uns hilft, gesund zu werden.

Ich habe von der Infektion chronische Kopfschmerzen zurückbehalten. Je nach Intensität kommt noch eine Konzentrationsschwäche dazu. Ein normaler Arbeitseinsatz, ein Vollzeit-Berufsleben ist seitdem nicht möglich. Das Leben ist völlig anders als vorher. Ich konnte den Zustand zwar schon deutlich verbessern. Aber die Verbesserung läuft sehr langsam ab und gelingt nur, weil ich den privaten und beruflichen Alltag komplett um die Beschwerden herum arrangiere. Ich habe das große Glück, nicht nur Familie und Freunde zu haben, die mich dabei absolut unterstützen. Ich darf außerdem mit den besten Kolleginnen arbeiten und habe meine beste Freundin als Geschäftspartnerin. Pia und das Team haben mir immer geholfen und solidarisch zur Seite gestanden. Sie haben eine unerschöpfliche Geduld und immer meine Schonung priorisiert. Aber natürlich ist eine chronisch kranke Chefin eine Belastung für das Unternehmen. Die Arbeitskraft fehlt, der To-Do-Stapel wird immer höher. Diese kranke Chefin verursacht Kosten und die andere Chefin leidet nicht nur psychisch mit, sondern auch arbeitsmäßig. Und auch für meine Genesung war dieser lange Zeitraum nicht gut, in dem ich Anforderungen nicht erfüllen konnte. Unsere Gesundheit sollte an erster Stelle stehen. Ich habe während meiner Erkrankung viele tolle Ärzt*innen und Therapeut*innen getroffen und habe von ihnen noch einen weiteren weisen Satz gehört: „Man muss zunächst für sich selbst sorgen, erst danach kann man für andere da sein.“ Da ist was Wahres dran.

Nicht tun können, was man tun sollte und müsste, ein permanentes Scheitern, das nagende Gefühl, andere im Stich zu lassen, das baut einen unglaublichen Druck auf, der Beschwerden verschlimmert und einer Heilung direkt im Weg steht. Irgendwann habe ich akzeptiert, dass das unrealistische Hoffen auf meine zeitnahe Genesung uns alle nicht weiterbringt. Also habe ich beschlossen, mir den Druck zu nehmen und aus der Unternehmensführung auszusteigen. Pia war damit zunächst gar nicht einverstanden, wir haben viel gesprochen, geweint und gehadert. Aber letztendlich sind klare Verhältnisse immer am besten und wir sind inzwischen überzeugt davon, dass wir das Richtige tun. Deshalb gehen wir diesen Schritt eher lachend als weinend. Denn im Prinzip setzen wir fort, wie wir schon seit meiner Erkrankung arbeiten, nur dass es jetzt nach außen sichtbar ist. Pia und das funky Team sind wie immer für Sie da, die Buchhandlung wird weiter für Sie bestehen, so wie Sie sie kennen. Ich darf weiterhin im Hintergrund arbeiten, mich mit Buchhaltung beschäftigen, Kräfte sammeln und genießen, dass es mir seit unserer Entscheidung für einen Neubeginn tatsächlich wieder etwas besser geht! Und hin und wieder treffen Sie und ich uns bestimmt auch mal im Geschäft. Darauf freue ich mich.

Es war eine tolle Erfahrung, die Inhaberin einer halben Buchhandlung zu sein. Ich habe das geliebt und die Buchhandlung ist in meinem Herzen, fast wie ein Kind. Ich bin dankbar und so froh, dass sie in den allerallerbesten Händen ist und weiter gehegt und gepflegt wird. Ich danke meinem Team und meiner Freundin Pia und Ihnen allen so sehr für die tolle Zeit, die wir bisher miteinander hatten. Vor allem Pia danke ich. Was sie für mich getan hat und immer noch tut, das lässt sich nicht in Worte fassen. So einen großherzigen, klugen und besonderen Menschen trifft man nicht oft. Danke, dass es Dich gibt! ♥️

Ein richtiger Abschied ist es nicht, nur ein klitzekleiner und dennoch auch ein neuer Anfang. Und zum Start in eine neue Ära der Traditionsbuchhandlung Funk kommt nun noch ein Appell an Sie. Wenn Ihnen die Erlebnisse, die Gespräche, die Gemeinsamkeit und all die besonderen Momente in der Buchhandlung genauso viel bedeuten wie mir, dann bitte ich Sie, Pia weiter so zu unterstützen, wie Sie es im Lockdown taten und in der Zeit danach. Jetzt, wo in der Schlossstraße die Bauarbeiten begonnen haben, benötigen Pia und die Buchhandlung Ihre volle und solidarische Unterstützung dringender denn je.

Bis bald und passen Sie auf sich auf!

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