Soweit wir in der westlichen Geschichte zurückschauen können, gibt es eine radikale – reale, kulturelle und imaginäre – Separierung der Frauen von der Macht.
Frauen in traditionell männlichen Funktionen sorgen auch im Jahre 2018 immer noch für Aufsehen und werden von teilweise unschönen Diskussionen begleitet. Über Angela Merkel, Theresa May und Hillary Clinton wird allzu oft in einer abwertenden und sexistischen Art und Weise geschrieben, wie es ein männlicher Spitzenpolitiker noch nie erleben musste. Oder die bösartigen Beleidigungen und Androhungen geschlechtsspezifischer Gewalt, mit denen die ZDF-Sportkommentatorin Claudia Neumann angesichts ihres Einsatzes bei der Fußball-WM konfrontiert war. Dabei ging es nicht um die Qualität ihrer Berichterstattung, sondern um ihr Geschlecht und den vermeintlichen Angriff auf eine noch immer als männlich geltende Domäne.
Gerade zum richtigen Zeitpunkt ist mir nun das im Frühjahr erschienene Buch „Frauen und Macht“ der Historikerin Mary Beard in die Hände gefallen. Es untersucht Frauenfeindlichkeit im öffentlichen Raum und zeigt, dass unser kulturelles Erbe auch in Bereichen weiter fort wirkt, wo es eher nicht zu vermuten gewesen wäre.
Ein großer Teil des Buches widmet sich dem oft zu beobachtenden Versuch, Frauen den Mund zu verbieten. Beard erzählt von antiken Mythen und der Rolle der Frau in der griechischen Gesellschaft. Aus diesen kulturellen Traditionen zieht sie Rückschlüsse auf unsere eigenen Denkweisen und Interpretationen. Es ist erstaunlich zu sehen, wie sehr sich die gesellschaftlichen Reaktionen in der Antike und in der Gegenwart ähneln, wenn Frauen das öffentliche Wort ergreifen oder nach Macht streben. Umso klarer lässt sich erkennen, dass wir uns die Denkmuster, die hinter diesen Reaktionen stecken, dringend bewusst machen müssen, dass sie infrage gestellt und überarbeitet werden müssen.
Doch falls jemand bezweifeln sollte, dass der Ausschluss der Frauen von der Macht kulturell sehr tief verankert ist, oder nicht recht glauben will, dass die klassischen Methoden, diesen Ausschluss zu formulieren und zu rechtfertigen, weiterhin erfolgreich sind – dann verweise ich ihn auf Trump und Clinton, Perseus und Medusa und beende damit meine Beweisführung.
Das Buch ist 2018 bei S. Fischer erschienen (€ 12,00).
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