Türnow in Pommern, Weimar und New York – so weit von einander entfernt, so unterschiedlich und doch verbunden durch ein Frauenleben.

1900 wird Martha in Türnow/Pommern geboren. Sie wächst als Kind von Otto und Elfriede Wetzlaff in deren Musikinternat auf. Immer umgeben von Musik und Wolfgang, einem Musiker des Orchesters und engem Freund der  Familie. Martha lebt frei und ungezwungen, sie hat ihren eigenen Kopf, ihre eigene Sicht der Dinge und nimmt die Musik  im Haus anders wahr als andere. Musik ist für sie Form.

„Fasziniert dreht Wolfgang sich auf der Klavierbank um. Ohne hinzusehen, den Blick fest auf Martha gerichtet schlägt er eine Mollakkord an. Fragend neigt er seinen Kopf. „Kugel!“ Ein Durakkord. „Würfel!“ „Du siehst es vor dir?“ Martha zögert mit ihrer Antwort. „Du nicht?“

Kriegswinter 1916/17. Martha besucht das Lehrerinnenseminar, nicht weil sie Lehrerin werden will, sondern weil Wolfgang und sie einen Plan haben und Zeit brauchen.

Dann ist es April 1919 und die Staatliche Hochschule Bauhaus nimmt in Weimar den Unterricht auf. Und Martha geht nach Weimar. Ohne genaueres Wissen, ohne Bewerbung, aber mit ihrer ganz eigenen Selbstverständlichkeit folgt sie ihrem Plan. Dem Plan, den sie und Wolfgang nun schon einigen Jahren verfolgen, seit er in der Zeitung über Walter Gropius und die neue Schule las, die nach dem Krieg eröffnen sollte. Martha wird angenommen.

Sie lernt Ella Held kennen, die Tochter des Fotokünstlers Louis Held, die alles daran setzt, selbst renommierte Fotografin zu werden. Obwohl sie nicht das Bauhaus besucht, wird Ella Marthas engste Vertraute. Sie bietet Martha ein Zimmer im Haus ihres Vaters an, was Martha gerne annimmt. Martha bekommt Zeit, um herauszufinden, was ihr besonders Talent ist. So begegnet sie schließlich Gertrud Grunow, die an der Staatlichen Hochschule Bauhaus unterrichtet. Endlich versteht jemand Marthas „Musiksehen“.  Sie hilft ihr, die Bilder in Tanz zu wandeln. Martha hat ihre Kunst gefunden.

2001 in New York. Ein junger Mann lässt bei Sotheby`s ein schwarzes Notizbuch versteigern. Für fünfundvierzig Millionen Dollar. Es ist das Notiz- und Tagebuch seiner verschollenen Urgroßmutter Martha. Mit ihrer Geschichte zwar, aber vor allem weil sich alle darin verewigten, mit spontanen Zeichnung und Skizzen: Paul Klee, Wassily Kandinsky, Oskar Schlemmer und viele andere.
Die Briefe allerdings, die in diesen Buch lagen, behält er. Zu persönlich und zu wertvoll empfindet er diese für sich und seine Familie.
Nach der Auktion erhält er eine Einladung. Die Dame, die „sein“ Notizbuch ersteigerte, möchte ihn treffen.

Sie hebt das Glas und prostet mir zu. „Ich danke Ihnen, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Wie sagten Sie gleich, lautet Ihr vollständiger Name?“ Ich habe mich nicht vorgestellt, da ich davon ausging, sie wisse, wen sie zum Dinner eingeladen hat. Dennoch antworte ich höflich: „Thomas. Thomas Wetzlaff.“ „Interessant.“ Ein seltsamer Ausdruck tritt in ihre Augen. „Das ist Marthas Mädchenname, nicht wahr?“ „Ja“, bestätige ich, „und gleichzeitig der Name meiner Großmutter.“

Tom Sallers Roman ist die mitreißende Lebensgeschichte einer mutigen und außergewöhnlichen Frau. Ich war gefesselt und konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen. Je mehr von Marthas Geschichte erzählt wird, je intensiver ich sie mir vorstellen konnte, je mehr interessiert mich auch die reale Zeitgeschichte. Das Bauhaus war für mich ein abstrakter Begriff, mit Namen und Bildern verknüpft. Ich habe nachgelesen und Bilder angesehen und dann wieder zu „Wenn Martha tanzt“ gegriffen.

Mit leichter Hand erzählt ist diese Geschichte, die zwischen Marthas Leben und dem Ihres Urenkels springt. Diese Zeitsprünge haben für mich keine unangenehmen Brüche in der Geschichte bedeutet, sondern die Spannung erhöht. Ich bin begeistert und kann Ihnen Tom Sallers Buch, das am 09.03.2018 erscheint, nur ans Herz legen.

Tom Saller: Wenn Martha tanzt. List 2018, € 20,00.

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